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Teile für Formel-1-Rennwagen, Satelliten und das grösste Teleskop der Welt: Gewinde Ziegler ist ein Familienbetrieb seit 90 Jahren

In der dritten Generation führt Reto Ziegler die Gewinde Ziegler AG in Horriwil. Das Unternehmen produziert Gewinde, die enormen Belastungen standhalten. 

Reto Ziegler leitet die Gewinde Ziegler AG bereits in dritter Generation. (Bilder: Hanspeter Bärtschi)

Es riecht metallisch, als Geschäftsführer Reto Ziegler durch die Fabrikhallen der Gewinde Ziegler AG führt. Ein ständiges Dröhnen und Schleifen erfüllt die Räume. Überall stehen Maschinen, von klein bis gross, von alt bis neu. Dazwischen engagierte Polymechaniker und Produktionsmechaniker.

In vier Gebäuden dreht sich bei der Gewinde Ziegler AG, wenig überraschend, alles ums Gewinde. Seit 90 Jahren werden hier verschiedenste Gewinde für die ganze Welt geschliffen. Der Familienbetrieb ist Marktführer in seiner Branche. Das Gewindeschleifen und die Herstellung von Rollgewindetrieben sowie die Wärmebehandlungen von Metallen sind die Kernaufgaben der Firma. Klingt eintönig, doch die Anwendungsbereiche der Teile sind unbegrenzt. Ziegler sagt:

«Unser Einsatzgebiet ist überall dort, wo Kraft und Dynamik eine Rolle spielt. Der Trend zum Ersatz von Hydraulik durch elektromechanische Antriebe hat uns Mehraufträge gebracht.»

Die Gewinde aus Horriwil stecken in vielen verschiedenen Maschinen.

Denn ein Rollengewindetrieb benötigt deutlich weniger Energie als eine Hydraulikanlage, um eine Bewegung auszuführen. So produziert die Firma beispielsweise Teile für Satelliten, Formel-1-Rennwagen, Staumauern, Boote, Brücken und so weiter. Die Liste scheint schier endlos.

Aktuell liefert das Unternehmen kleine Präzisions-Rollengewindetriebe für den Bau des Magellan-Teleskops in Chile – das grösste Teleskop weltweit. Die Firma arbeitet dabei in einem Toleranzbereich von einem tausendstel Millimeter.

Ein Familien- und Lehrbetrieb seit 90 Jahren

Alles begann mit Reto Zieglers Grossvater. Linus Ziegler gründete die Firma 1932. Damals schliff der Betrieb lediglich Gewindebohrer und Filieren, erklärt dessen Enkel beim Vorbeigehen an älteren Maschinen.

Heute hat sich das Unternehmen zum Gewindespezialisten entwickelt, welcher viele Produktionsschritte im eigenen Haus und in höchster Präzision durchführt; vom Drehen, Fräsen, Härten und Schleifen bis zur Montage komplexerer Teile. 

«Mein Vater Urs Ziegler hat dann die Produktepalette vorangetrieben.»

Seit 2006 leitet nun Reto Ziegler das Unternehmen. Aber auch sein ältester Sohn studiert zurzeit Maschinenbau und könnte die Firma vielleicht eines Tages übernehmen.

Besonders wichtig ist Ziegler die Lehrlingsausbildung. Aktuell konnten gerade zwei Lehrlinge ihre Ausbildung als Polymechaniker und Produktionsmechaniker abschliessen.

Die Lehrlingsausbildung ist dem Unternehmen besonders wichtig.

Eine breite Produktpalette und spezialisiertes Fachwissen

Eines der wichtigsten Teile in der Produktpalette sind sogenannte Rollengewindetriebe. Dies sind nicht nur einfache Gewindebolzen mit passender Mutter, sondern komplexe Maschinenelemente, die enorme Kräfte aushalten.

So ist ein Rollengewindetrieb der Gewinde Ziegler AG zusammengesetzt. (Screenshot)

In der hauseigenen Härterei können Wellen mit bis zu zehn Metern Länge induktiv oder hängend in Schachtofen gehärtet werden. Durch Erhitzen und rasches Abkühlen orientieren sich die Moleküle im Stahl neu, sodass dieser deutlich härter wird. In der Härterei werden die Teile mit Hilfe eines Roboters mit 1’000 Kilogramm Nutzlast vollautomatisiert verarbeitet.

In Horriwil ist der grösste Roboterarm der Schweiz im Einsatz.

Ein weiteres Kuriosum der Firma befindet sich im Keller. Mit einem 3D-Drucker kann die Gewinde Ziegler AG eigene Teile anfertigen. Doch dieser druckt nicht wie in so manchem Hobbykeller mit Plastik, sondern mit Metall; genauer gesagt mit Titan und Stahl.

Einer der grössten Kunden des Gewindeherstellers sei die Automobilindustrie, erklärt Ziegler. Doch die Teile werden nicht etwa in den Autos verbaut, sondern beispielsweise in den Robotern, welche die Karosserien oder Batterien zusammensetzen. Auch in der Fabrik in Horriwil hat das Unternehmen viele Roboter mit bestückten Maschinen selbst entwickelt und integriert. 

Roboter und Maschinen entwickelt und integriert die Firma eigenständig.

Ein gutes Geschäft trotz angespannter Wirtschaftslage

Reto Ziegler ist durchaus zufrieden damit, wie das Geschäft zurzeit läuft. Dies trotz der aktuell angespannten Wirtschaftslage. Energiekrise, Wechselkurs, Rohstoff- und Fachkräftemangel spüre man aber durchaus auch in Horriwil.

Auch bei der Gewinde Ziegler AG spürt man den Fachkräftemangel.

Aktuell sei es schwierig, die nötigen Fachkräfte zu finden. Deshalb setzt der Betrieb auf Lehrlinge, um eine neue Generation von Poly- und Produktionsmechanikern auszubilden und so die Fachkräfte langfristig zu sichern. Aber auch dabei sei es aktuell nicht einfach, interessierte Jugendliche zu finden.

Auch die Lieferschwierigkeiten der Rohstoffe bereiten zurzeit einige Probleme. Deshalb habe die Gewinde Ziegler AG früh genug viele Materialien auf Vorrat eingekauft; zu erhöhten Preisen, wie Ziegler beiläufig erwähnt.


Ursprünglich publiziert in der Solothurner Zeitung vom 25. Juli 2022.

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