Zitterpartie auf der Aare – ein Selbstversuch zeigt: Stand-up-Paddling ist längst nicht so einfach, wie es aussieht
Ein wackliges Brett, schöne Landschaft und mehrfache Abkühlungen: Mit dem Stand-up-Paddle schipperte unser Redaktor zusammen mit Lina Walter von Solothurn ins Attisholz.

Stand-up-Paddling (SUP) ist eine Trendsportart, die auch die Gewässer der Schweiz erobert. In Solothurn sorgte ein Verbot vergangenes Jahr auch international für Schmunzeln, als stehendes Fahren auf Teilstrecken der Aare zeitweise verboten wurde. Die Silhouette der SUPs störe die Vögel im Naturschutzgebiet, hiess es. Motorboote und andere Wasserfahrzeuge durften aber weiter ungehindert herumfahren.
Doch was macht die Faszination für das Stand-up-Paddling aus? Bei einem Selbstversuch am heissesten Tag im Juli wollte ich als blutiger Anfänger herausfinden, warum der Sport so erfolgreich ist. Ein Spoiler vorneweg: Es ist längst nicht so einfach, wie es aussieht.
Ein unkomplizierter Anfängersport
In Solothurn können SUPs und Kanus bei «Outdoor Solothurn» gemietet werden. Ausnahmsweise wurde ich von Lina Walter, der Leiterin Events der Emmenpark AG, begleitet. Normalerweise mieten SUP-Interessierte die Bretter alleine und paddeln von Solothurn selbstständig ins Attisholz. Bereits im Vorfeld versicherte mir Lina:
«SUP ist ein unkomplizierter Anfängersport. Personen allen Alters und Fitness mieten die SUPs und paddeln die Aare hinab.»
Beim Aaresteg vor der Regio Energie in Solothurn konnte ich mein Gepäck abgeben, dieses wird von Outdoor Solothurn zur «1881 Kantine» transportiert, wo wir auswassern werden. Ich fasste ein SUP mit Paddel und Schwimmweste. Das Mitführen einer Weste ist Pflicht, das Tragen aber nicht. Zudem erhielt ich einen Aarebag aus einem Berner Atelier für meine Wertsachen.

Nach einer kurzen Einführung zum SUP ging es dann auch schon ans Einwassern.

Bereits kniend merkte ich: Das SUP ist sehr wackelig. Obwohl ich ein guter Schwimmer bin, entschied ich dennoch, die Schwimmweste anzuziehen.

Kaum passierten wir die Rötibrücke, versuchte ich, das erste Mal aufzustehen. Auf die Füsse kam ich zwar gut, doch meine Beine und das Brett zitterten unkontrolliert. Nach nicht einmal 30 Sekunden stürzte ich ins Wasser – eine willkommene Abkühlung bei 35 Grad.

Die grosse Herausforderung war, wieder hinauf zu kommen. Ständig kippte das Brett. Ausserdem behinderte mich die Weste. Deshalb zog ich sie auch irgendwann aus. Nach einigem Ächzen und Schnauben schaffte ich es schliesslich doch wieder auf das wackelige SUP.
«Einfach locker bleiben»
Ausser Atem schaute ich zu meiner Begleiterin. «Bei ihr sieht es kinderleicht aus und es zittert auch nicht», dachte ich und fragte sie, ob sie denn regelmässig auf dem SUP stehe. «Nur etwa fünfmal im Jahr», verriet Lina, während sie mühelos stehend über die Aare glitt.

Es folgten weitere Versuche, stehend zu Paddeln. Meine Stehversuche dauerten zwar immer länger, doch das Zittern der Beine und des Bretts konnte ich nicht unterdrücken. Rund um mein tausendfränkiges SUP breiteten sich feine, zitternde Wellen aus. Lina rief:
«Einfach locker bleiben und ein bisschen in die Knie gehen.»
Als der Zuruf kam, ich solle die Fersen mehr nach aussen drehen, machte es erneut «Platsch».
Nach einem weiteren Kampf rauf auf das SUP entschied ich, ein bisschen sitzend zu paddeln.

So konnte ich mit Lina ein entspanntes Gespräch führen, während die Landschaft an uns vorbeizog.
Weitere Angebote geplant
Sie erzählte mir, was «Outdoor Solothurn» genau ist und wie sie gerade weitere Angebote planen. Es handelt sich um ein Angebot der Emmenpark AG, die verschiedene Catering-Angebote, Gastrobetriebe und Eventlokale beinhaltet; beispielsweise den Riverpark, an dem wir vorbei schipperten oder die «1881 Kantine», die unser Ziel war.
Bei der «Kantine» habe man festgestellt, dass viele Besucher über den Wasserweg kommen. Dies wollte man fördern und kam auf die Idee, zusammen mit «Pipeline Sports» ein eigenes Angebot aufzustellen. Mit SUP oder Kanu sollen die Gäste ins Attisholz gelangen, wo ihre trockenen Kleider bereits auf sie warten, erklärt Lina. Für die Zukunft plant das Unternehmen weitere Outdoor-Angebote in und rund um Solothurn.
Die Aare hinabtreibend sprachen wir auch über die Hochwasser und das Steh-Verbot vergangenes Jahr. Ich überlegte mir, eigentlich wäre das Verbot für mich gar nicht so schlimm. Sitzend finde ich es deutlich gemütlicher. Ich dachte:
«Vielleicht bin ich ja eher ein Kanumensch.»
Doch so schnell wollte ich nicht aufgeben. Als ich das nächste Mal unseren Fotografen am Ufer erblickte, dachte ich, jetzt sei es an der Zeit, nochmals aufzustehen. Dies klappte mittlerweile deutlich besser als vorher. Doch ich war immer noch zu verkrampft. An paddeln und balancieren gleichzeitig war nicht zu denken.

Lina sagte, es sehe bei mir ein bisschen gequält aus. Das war es auch. Aber nicht, weil ich Angst hatte oder weil es doch anstrengender ist, als es aussieht, sondern weil ich mich ärgerte, dass es nicht klappen wollte.
Als wir das Attisholz Areal erblickten, bereiteten wir bereits das Auswassern vor.

Bei der «1881 Kantine» drehten wir unsere SUPs mit der Spitze gegen den Strom, um mehr Kontrolle zu haben, und stiegen schliesslich bequem an Land. Dort angekommen, konnte ich mein Brett abgeben.

Mein Gepäck wartete bereits auf mich. Eine Dusche sowie Umkleidekabinen stehen ebenfalls bereit. Zum Schluss spendierte Lina noch einen eisgekühlten Eistee. Und am nächsten Tag meldete sich schliesslich der Muskelkater.
–Ursprünglich publiziert in der Solothurner Zeitung vom 26. Juli 2022.

