Von Gerlafingen nach New York: Der Gitarrist Silvan Joray will in der Welthauptstadt des Jazz durchstarten
Nach seinem Masterabschluss will Silvan Joray nun in die USA auswandern. Doch ein Künstler-Visum zu bekommen, ist schwierig und zeitaufwendig. Deshalb wird er vorerst nur drei Monate in New York leben.

«Nach zwei Jahren Coronaverzögerung geht es jetzt endlich los», sagt der Jazzgitarrist Silvan Joray. Nachdem er 2020 seinen Masterabschluss machte, wagt der 26-jährige Gerlafinger nun den Schritt über den Atlantik und will in New York, der Welthauptstadt des Jazz, richtig durchstarten.
Hierzulande hat sich Joray in der Jazzszene bereits einen Namen gemacht. Die Kontakte wolle er auf jeden Fall beibehalten und zwischendurch auch weiterhin in der Schweiz und Europa auftreten. Der Musiker sagt:
«Die Schweizer Jazzszene ist sehr cool, doch New York ist unvergleichbar. Dort gibt es unzählige Jazzclubs und somit auch mehr Auftrittsmöglichkeiten.»
Doch ein Problem steht der Erfüllung seines Traums noch im Weg: Die Anforderungen für ein Visum sind hoch und der Einreiseprozess sehr aufwendig. Deshalb kann Joray ab Mitte September vorerst nur drei Monate in New York bleiben. Danach muss er wieder in die Schweiz zurückkehren. Anschliessend will er mit dem richtigen Visum mehrere Jahre in den Staaten leben.
Die Leidenschaft zum Jazz
Das musikalische Talent wurde Joray in die Wiege gelegt. Denn seine Mutter ist Gitarrenlehrerin. So kam es auch, dass Joray zuerst die Ukulele und daraufhin die klassische Gitarre lernte; später kamen noch Schlagzeug und Klavier dazu.
Bei einem Bandworkshop an der Kanti spielte er zunächst die Drums. Aufgrund einer Terminkollision musste er ein Jahr aussetzen, worauf das Schlagzeug neu besetzt und ein Platz an der elektrischen Gitarre frei wurde. Dort habe ihn die Leidenschaft für Improvisation gepackt. Doch mit Jazz habe er damals noch nicht viel zu tun gehabt.
Erst als er schliesslich in die Ambassador Big Band kam, lernte er den Jazz wirklich lieben. Innert kürzester Zeit musste er viele Akkordgriffe lernen, die er bisher nicht kannte.
«Es war eine super Zeit. Das Spielen in der Big Band hat mich immer wieder herausgefordert und gepusht.»
Nach seiner Matura besuchte er den Vorkurs an der Swiss Jazz School in Bern. Anschliessend hatte er die Qual der Wahl, wie Joray erzählt. Alle Hochschulen wollten ihn haben. Da er ein grosser Fan von Wolfgang Muthspiel, dem Gitarrendozent am Jazzcampus in Basel war, entschied er sich, dort Musikpädagogik zu studieren. Nebenbei spielte und komponierte er immer wieder in verschiedenen Formationen.

Durch seine Ausbildung und sein Engagement konnte er viele Kontakte in der ganzen Welt knüpfen; darunter auch mit Musikern aus den Staaten.
Im Januar 2020 veröffentlichte er sein hochgelobtes Début-Album «Cluster». Doch in den vergangenen Jahren sei er etwas demotiviert gewesen. Während der Coronapandemie habe er kaum mehr komponiert, sagt Joray. Die Stücke auf der 2023 kommenden CD «Updraft» seien bereits vor 2020 geschrieben worden. In New York hofft der Musiker nun, neue Inspiration zu finden.
Kompliziertes Einreiseverfahren
Die Entscheidung auszuwandern, fordert nicht nur Mut, sondern auch eine Menge Ausdauer und Geduld. Joray sagt:
«Ein US-Visum zu beantragen ist besonders seit Donald Trumps Präsidentschaft sehr schwierig geworden.»
Als Musiker strebt er ein sogenanntes «Artist-Visa» an. Dazu müsse er aber nachweisen, dass er in seinem künstlerischen Feld ausserordentliche Leistungen erbringe.
Ausserdem müssen diese Leistungen von Branchen-Kritikern, Auszeichnungen und Medien mit genügend Reichweite gewürdigt werden. Dazukommen noch Lebenslauf, Antragsschreiben, Empfehlungen sowie ein Plan für die Konzerte und Buchungen der nächsten drei Jahre. Das Dossier, das leicht um die 700 Seiten umfassen kann, müsse anschliessend ausgedruckt von einem sogenannten «Petitioner» in den Staaten eingereicht werden, erklärt Joray.
Nach einer Wartezeit und einem Interview auf der US-Botschaft könnte dann im besten Fall ein positiver Entscheid kommen. Ansonsten würde die Prozedur von vorne beginnen und es müssten noch mehr Nachweise erbracht werden.
Noch nie lange im Ausland
Jorays Familie und Freunde unterstützen den Umzug nach New York und freuen sich für ihn. Einige haben bereits angekündigt, dass sie ihn besuchen wollen. Auch erfahrene Musiker-Kollegen schwärmen von New York, wo sich die berühmtesten Jazzclubs aneinanderreihen, und empfehlen ihm diese lehrreiche Erfahrung.
Noch nie sei Joray länger als drei Wochen im Ausland gewesen. Ein bisschen aufgeregt ist Joray deshalb schon. Zwar kenne er bereits Personen, die in New York leben. Doch in so einer riesigen Stadt laufe man sich nicht täglich über den Weg. Deshalb müsse er sich überwinden, Leute anzusprechen und sich ein neues Umfeld zu schaffen.
Für die drei Monate hat er bereits ein möbliertes Zimmer in Brooklyn ergattert. Ein Volltreffer, wie Joray sagt: Denn er werde in einem typischen «Brownstone» mitten im Künstlerviertel wohnen.
Auf die Frage, was er denn alles mitnehme, kommt dem jungen Musiker nur seine Gitarre in den Sinn; dazu noch die Fusspedale für die Soundeffekte. Den Rest könne man zur Not auch in den Staaten noch besorgen.
-Ursprünglich publiziert in der Solothurner Zeitung vom 20. August 2022.


