Artikel

Brugg Pipes setzt auf Fernwärme: Firma kann bald 500 Kilometer Rohrleitungen pro Jahr herstellen

Brugg Pipes lud zur Einweihung einer neuen Stangenfertigungsanlage ein, am Standort Kleindöttingen hat das Unternehmen 4,5 Millionen Franken investiert. Weil die Nachfrage nach Fernwärme-Rohren sehr gross ist, plant die Firma einen weiteren Ausbau.

Bild: Henry Muchenberger

Mit den Worten «heute ist ein grosser Tag» begrüsst Daniel Schneider, Verkaufsdirektor bei Brugg Pipes, Kundinnen und Kunden, Gemeindevertreter sowie Mitarbeitende zur Einweihung einer neuen Fertigungsanlage. Rund 160 Personen sind der Einladung gefolgt, in der  Fabrikhalle in Kleindöttingen im Zurzibiet dem Festakt mit mehreren Referaten beizuwohnen.

Das Unternehmen hat sich auf Produktion und Betrieb von Rohrsystemen für den Transport von Flüssigkeiten, Gasen und Wärme spezialisiert. Besonders die Rohre für thermische Netze – also Fernwärme – bescheren der Firma ein rasantes Wachstum. 2019 verkaufte die Industriegruppe Brugg – zu der auch Brugg Pipes gehört – das Kabelgeschäft an den italienischen Energieversorger Terna. Dadurch wurde der Fokus auf die Themen Sicherheit, Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Globalisierung gelegt.

Umsatz seit 2019 um 200 Millionen gestiegen

Der Fokuswechsel zahlt sich aus. Das Unternehmen steigerte seinen Umsatz auf 640 Millionen Franken. Im Jahr 2019 lag der Umsatz noch knapp 200 Millionen Franken tiefer. Nun investiere das Unternehmen 4,5 Millionen in den Standort Kleindöttingen, sagt Verkaufsleiter Martin Rigaud. Die Einweihung der neuen Fertigungsanlage ist der Startschuss dafür. Bald soll eine zweite Anlage dazukommen. Dadurch könne das Unternehmen bis 2024 rund 500 Kilometer Rohre pro Jahr produzieren.

Auch beim Personal legt die Firma stark zu. Während vor fünf Jahren in Kleindöttingen rund 180 Personen angestellt waren, seien es heute rund 320, wie Mediensprecher Bora Yayla sagt. Alleine im vergangenen halben Jahr seien rund 40 Stellen besetzt worden. «Es lohnt sich, hier zu investieren», sagt Rigaud. «Hier sind wir am Markt und nahe bei den Kundinnen und Kunden.» Yayla betont: Was in Kleindöttingen produziert wird, wird auch in der Schweiz verwendet.

Brugg Pipes will Image der Fernwärme verbessern

Beim Kerngeschäft von Brugg Pipes ist noch mehr Wachstum drin. Über die Hälfte der Energie in der Schweiz werde für Wärme verwendet, erklärt Rigaud. Rund zwei Drittel davon stammten aus fossilen Energieträgern. Ein Grossteil des Energiebedarfs könne mit thermischen Netzen erneuerbar abgedeckt werden. Hier will das Unternehmen weiter investieren und aktiv an der Energiewende teilnehmen. Doch «die Zeit drängt», mahnt Rigaud die mehrheitlich männlichen Anwesenden.

Bild: Henry Muchenberger

Zuvor seien noch einige Herausforderungen zu meistern. Fernwärmenetze seien kostenintensiv, hätten aber eine lange Rendite. Zudem gebe es politische Hürden, wie etwa die komplizierten Bewilligungsverfahren. Auch der Fachkräftemangel müsse angegangen und das Image der Fernwärme verbessert werden. So bringe der Anschluss an ein thermisches Netz ein Abhängigkeitsgefühl bei den Kundinnen und Kunden.

Marketingchef Boris Mäder erklärt, wie sich das Unternehmen an grossen Mega-Trends orientiert. Einer davon: Energieeffizienz. Dafür entwickelte Brugg Pipes eigens das Rohrsystem «Pur King». Mit weniger Materialeinsatz könne dabei die gleiche Isolationsleistung erreicht werden.

Der Chef sieht die Klimakrise als Chance

Auch der Chef der Brugg Gruppe, Stephan Wartmann, streicht die Nachhaltigkeit des Unternehmens heraus. Beispielsweise produziere «Brugg eConnect» ein Kabel, mit dem ein Tesla in sieben Minuten geladen werden könne. Der Hersteller verhindere aber den Gebrauch dieses Kabels. Im Bereich der Minenarbeit spare «Geobrugg» mit einem neuen Sicherheitsnetz viel umweltschädlichen Zement ein, erklärt Wartmann. Die Brugg Gruppe wolle Nachhaltigkeit durch Innovation erreichen, nennt er als Ziel.

Bild: Henry Muchenberger

In einer Präsentation zeigt der CEO einige Bilder von Folgen der Klimakrise: Waldbrände, Hochwasser und Dürre. Mit einer persönlichen Anekdote unterstreicht Wartmann die Dringlichkeit des Klimaschutzes. 1991 unternahm er mit seiner Familie eine Skiwanderung zum Konkordiaplatz in den Walliser Alpen. Als er vergangenes Jahr erneut auf dem Gletscher stand, war dieser um 70 Meter abgeschmolzen.

Es scheint nicht, als würde sich Brugg Pipes aus Marketinggründen der Nachhaltigkeit verpflichten. Auch wenn das Unternehmen mit der Ausrichtung des Fokus auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz sehr erfolgreich ist, wirkt es glaubhaft – Obwohl bei dieser Einweihung die PET-Getränkeflaschen in der gleichen Tonne wie die Karton-Eisbecher landen.


-Ursprünglich publiziert in der Aargauer Zeitung vom 6. Juli 2023.

Teilen