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«Manchmal spielt mir der Bach einen Streich»: Auf der Suche nach Gold im Aargau

Seit vier Jahren geht Marcel Meyer regelmässig im Aargau auf Goldsuche. Zudem veröffentlicht er seine Erlebnisse als «Gold Bartli» auf YouTube. Die AZ hat den Goldwäscher bei einer Tour begleitet – und wurde fündig.

Marcel Meyer sucht in Aargauer Gewässer nach Gold. (Bilder: Valentin Hehli)

Da funkelt etwas in der Waschrinne. «Manchmal spielt mir der Bach einen Streich», sagt Hobby-Goldwäscher Marcel Meyer. Just in diesem Moment ist das Glänzen verschwunden. War wohl nur ein gelber Stein. Wir stehen bis über die Knöchel in der Surb und jagen dem Traum hinterher, den bereits die Goldschürfer im Wilden Westen verfolgten. Dem Traum vom grossen Goldnugget.

Der 32-jährige Plattenleger ist in Killwangen aufgewachsen.

Scherz beiseite: Reich wird man bei der Goldsuche im Aargau nicht. «Hier gibt es vor allem Waschgold», sagt Meyer und schaufelt weiter Erde und Steine in ein Sieb. Winzige Flitter setzen sich in den Gewässern ab. Diese möchte der 32-jährige Plattenleger in seiner Freizeit dem Bach abringen. Und dies mit reiner Muskelkraft und der Strömung des Baches. Seine Erlebnisse teilt er regelmässig als «Gold Bartli» mit seiner Youtube-Community.

Flink und geschickt watet Meyer durch den Bach, klettert über einen Baum und duckt sich unter den Ästen durch. Der AZ-Reporter, die Videoredaktorin und der Fotograf fallen zurück. Sie tun sich schwerer mit dem unebenen Untergrund und der mitgebrachten Ausrüstung. An einer Stelle bleibt der Goldwäscher stehen. «Hier könnte es Gold geben», sagt er, die Landschaft lesend, und bemerkt: «Doch hier hat wohl bereits jemand gegraben.»

Der Goldrausch setzt ein

Denn Meyer ist bei weitem nicht der Einzige, der in der Schweiz auf Goldsuche geht. Verschiedene Online-Communitys zur Goldsuche in der Schweiz auf Social-Media-Plattformen zählen jeweils um die tausend Mitglieder. Grundsätzlich darf auch im Aargau jede und jeder Gold waschen, solange man keine Maschinen dafür einsetzt und die Schonzeiten für laichende Fische einhält.

Anständige Goldsucher würden sich zudem an einen Ehrenkodex halten, der beispielsweise vorschreibt, dass sie keine Landschäden verursachen. «Leider halten sich nicht alle daran», sagt Meyer. Dies führe zu immer mehr Verboten, was den anständigen Goldschürfern das Hobby erschwere. Der gebürtige Killwanger ist immer wieder in den Aargauer Bächen auf der Suche nach dem Edelmetall.

Bachaufwärts, etwa fünf Minuten vom Einstieg entfernt, findet Meyer eine geeignete Stelle. Das Gold setze sich in Innenkurven und hinter grossen Objekten ab, erklärt er. Deshalb beginnt «Gold Bartli», am Ufer der Surb hinter einem Felsen zu graben.

Kies und Sand verspricht die perfekte Erde zum Goldsuchen.

Die oberste Schicht besteht nur aus grösseren Steinen, doch darunter kommen Kiesel zum Vorschein und der Boden wird sandiger. «Das ist die Erde, die wir wollen», so Meyer.

Zum Test wäscht er eine erste Schaufel in der Pfanne. Mit schwenkenden und kreisenden Bewegungen wird langsam das leichtere Material wie Steine und Sand ausgewaschen. Am Boden der Pfanne sollte sich das Gold absetzen.

Bei einer Testpfanne wird die ideale Stelle ermittelt.

Und tatsächlich bleibt bereits bei der ersten Schaufel etwas Glänzendes hängen: Ein winziges Goldplättchen. Sofort funkeln auch Meyers Augen. Der Goldrausch beginnt.

Die Waschrinne kommt zum Einsatz

Die Stelle scheint vielversprechend. Deshalb baut der Goldwäscher nun seine Waschrinne auf. Diese wird direkt in den Bach gelegt und mit herumliegenden Steinen ausgerichtet. Die Strömung sollte mittig durch die Rinne fliessen. Damit beginnt die grobe Arbeit. Meyer schaufelt Erde in ein Sieb, kippt die grossen Steine beiseite und lässt schliesslich die feinere Erde Schaufel für Schaufel durch die Rinne fliessen. Dabei beobachtet er ständig die schwarze Gummimatte in der Rinne. Was darin länger liegen bleibt, ist höchstwahrscheinlich Gold.

Mit einer Waschrinne lässt sich mehr Material waschen.

Hin und wieder bleibt etwas liegen, das später doch weggespült wird. Ob es sich tatsächlich um Gold handle, wisse man erst beim Clean-Out, dem Auswaschen der Waschrinne, so Meyer. Neugierig beugt er sich immer wieder über die Rinne und spekuliert: Gold oder Stein? So geht es eine Weile weiter: Schaufeln, sieben, waschen, schaufeln, sieben, waschen und so weiter. Ein gutes Fitnessprogramm. Doch dies ist nicht die einzige Motivation für Meyer.

rüher fand er Sendungen wie «Goldrausch in Alaska» oder ähnliche auf dem deutschen Fernsehsender DMAX sehr faszinierend. Mit seinem Bruder entstand die Idee, dies in der Schweiz zu machen. Als ihm dann sein Bruder an Weihnachten tatsächlich eine handgemachte Goldwaschrinne von den Schweizer Goldwäschern «The Gold Buddies» schenkte, war die Leidenschaft entfacht. Seit vier Jahren geht er nun regelmässig auf die Suche, der Grund ist nicht nur der Nervenkitzel bei einem Goldfund. Für ihn bietet die Zeit in der Natur den perfekten Ausgleich zum Alltag.

Der Clean-Out ist die Belohnung

Beim Clean-Out zeigt sich, ob sich die Arbeit gelohnt hat.

Zurück am Bach hat Meyer inzwischen einige Kübel mit Erde durch die Rinne laufen lassen. Jetzt kommt die Belohnung für die harte Arbeit: Es wird Zeit für einen ersten Clean-Out. Sorgfältig hebt der Goldwäscher die Waschrinne aus dem Bach. Über einem Kübel spült er das Material heraus, das sich in der Rinne gesammelt hat. Dann löst er das Gitter und wäscht auch dieses sorgfältig ab. Kein Krümel soll dabei verloren gehen. Zum Schluss wird die Matte am Boden der Rinne ausgewaschen.

Im Kübel befindet sich nun das Konzentrat von mehreren Stunden körperlicher Arbeit. Dieses wird wie beim ersten Test von Hand in der Pfanne ausgewaschen. Doch jetzt sei es etwas kniffliger. Viel sogenannter «Blacksand» habe sich im Konzentrat abgesetzt, so Meyer. Das ist schwerer, schwarzer Sand, der sich nur mühsam vom Gold trennen lässt.

Doch mit viel Geschick schafft es der erfahrene Goldwäscher, den Sand wegzuwaschen. In der Pfanne liegen nur zwischen 10 und 20 winzige, funkelnde Krümel. Auf ungefähr 0,1 Gramm schätzt er den Fund. Die Ausbeute von etwa acht Kübeln Erde ist derzeit etwa einen Fünfliber wert. Doch der Wert des Goldes ist Meyer egal, er verkauft nichts.

Tatsächlich hat Meyer an diesem Tag etwa 0,1 Gramm Gold gefunden.

So viel habe er an der Surb noch nie in so kurzer Zeit gefunden, er werde hier wohl noch eine Weile weitergraben, so Meyer. Das Team der AZ, vom Goldrausch leicht angesteckt, macht sich auf den Rückweg und giesst beim Parkplatz das Wasser aus den Gummistiefeln. Derweil hört man im Wald noch immer die Schaufel von Meyer, für den die Suche noch lange nicht beendet ist.


-Ursprünglich publiziert in der Aargauer Zeitung vom 28. Juli 2023.

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