Hier kuscheln Eisbären mit Hirschen: Wettinger Tierpräparator hat die grösste Tiersammlung der Deutschschweiz
Mit 3500 Tierpräparaten besitzt der Wettinger Walter Benz die grösste Sammlung von Tierpräparaten in der Deutschschweiz. Darunter befinden sich neben einheimischen Exponaten auch Exoten, wie Eisbären, Nilpferde, Tiger und viele mehr.
–Text: Felix Ott, Bilder: Matthias Förster

In einem unscheinbaren Industriequartier in Würenlos deutet nichts darauf hin, dass sich hier Tausende Tiere tummeln. Doch nach der Fahrt mit dem Aufzug in den Keller kommt die Überraschung: Im Eingang zu einem Kellerabteil steht ein gewaltiger Eisbär mit der Tatze zum Hieb erhoben.
Nach einer Schrecksekunde merkt man, dass das Tier völlig reglos bleibt und entdeckt die Welt, die dahinter liegt: Rund 3500 Tierpräparate lagert Walter Benz an diesem unscheinbaren Ort und besitzt damit die grösste private Sammlung an Tierpräparaten in der Deutschschweiz. «Ich gehe lieber in den Zoo als an ein Konzert», so der Wettinger. Von Insekten über Amphibien bis hin zu grossen Säugetieren und Raubtieren gibt es hier für jede und jeden etwas zu sehen. Ständig fallen neue Details ins Auge: Zwischen Wildschweinen und Geiern gähnt einem ein Nilpferd entgegen.

Ein filigranes Goldkopflöwenäffchen trägt seine beiden Babys am Körper. Am Boden liegt ein Körbchen. Darin döst ein kleiner Hund. Die Detailtreue beeindruckt: Es wirkt, als wären die Tiere lebendig, lediglich die komplette Reglosigkeit zerstört die Illusion. Man fragt sich, wie es hier klingen würde, wenn alle Tiere aus ihrer Starre erwachen würden.
Tiere waren stets Teil seines Lebens
Die schiere Anzahl sowie die Dichte, in der die Tiere in Regalen, Vitrinen und am Boden aufgestellt sind, ist überwältigend. Auf den hinteren Rängen in den Regalen verstecken sich weitere Exponate. Dies sind vor allem Tiere, die Benz nicht zuvorderst ausstellen will, von den er sich aber auch nicht trennen kann. Erneut fällt ein Detail auf: Ein graues Gleithörnchen springt aus einem Regal.

Schon immer habe sich Benz im Metier von lebenden und toten Tieren bewegt. Der 40-Jährige ist gelernter Tierpfleger, Landwirt und Zimmermann. Zudem ist er Jäger und präpariert Tiere für die Nachwelt, wie er sagt. Doch vor allem ist er auch eines: ein Sammler.
Seine Tiere vermietet er über seine Firma Animal Decor an Ausstellungen, Messen sowie Theater-, Film- und Fernsehproduktionen. Nur ein weiterer Mitbewerber in der Westschweiz biete in der Schweiz diesen Service an. 2017 übernahm er eine Sammlung von fast 2000 Exponaten. Mit den Tieren, die Benz in den vergangenen 20 Jahren selber präpariert oder erworben hat, wuchs seine Sammlung schnell an. Da fällt auf: Aus einer Ecke lugt neugierig eine Giraffe hervor.

Auch verstorbene Tiere verdienen Respekt
Heute boomt sein Geschäft. Seine Tierpräparate waren bei «Wilder», «Tschugger» oder auch im «Tatort» zu sehen. Eine Folge von «Der Bestatter» wurde in seinem Lager gedreht. Benz erhalte die meisten Tiere über Zoos, Tierparks oder über die einheimische Jagd. Exotische Jagdtrophäen gebe es nicht in seiner Sammlung. Die Tiere aus Zoos und Tierparks seien allesamt eines natürlichen Todes gestorben.

Darunter auch Tiere, die er selbst gepflegt hat. Den schwarzen Leopard, der majestätisch auf einem Regal posiert, habe er vor dessen Tod etwa 10 Jahre lang gekannt. Die zuvor erwähnten Goldkopflöwenäffchen seien ebenfalls seine eigenen Tiere gewesen.
Wichtig sei Benz dabei stets der Respekt vor den Tieren: «Alle diese Tiere waren vorher lebendig und haben noch immer Respekt verdient», sagt er. Auch bei der Vermietung wisse er jeweils genau, wo das Tier hinkomme. Ausserdem unterliegen die Kundinnen und Kunden einer Sorgfaltspflicht. Wieder fällt auf: Drei Affen sitzen, einem japanischen Sprichwort entsprungen, auf dem Regal und halten sich Ohren, Augen und Mund zu.

Auch ausgestorbene Tiere in der Sammlung
Aufgrund seines grossen Netzwerkes werden ihm immer wieder Aufträge angeboten. Zeit, Aufträge zu suchen, habe er keine. «An einem Löwenpräparat arbeite ich rund eine Woche. Doch meine Arbeitstage haben nicht nur acht Stunden», sagt Benz. Deshalb habe er auch kein Tier im Kopf, welches in seiner Sammlung unbedingt noch fehlen würde. «Ich muss nicht nach Aufträgen suchen. Ich nehme, was kommt.» Lediglich die Sammlung seiner Geier würde er gerne noch komplettieren: Ihm fehlen nur noch drei der weltweit lebenden Geierarten.

Auch ein spezielles Lieblingsstück habe er nicht in seiner Sammlung. Zu fast jedem Tier kennt Benz eine besondere Anekdote; entweder zum konkreten Präparat oder zur präparierten Tierart. Er kennt jedes seiner Exponate.
Dennoch streicht er einige Highlights in seiner Sammlung hervor: Zwischen Wildschweinen, Giraffen und Rehen versteckt sich der Kopf eines Walrosses, das vor rund 100 Jahren erlegt wurde. Auch befinden sich Tiere in der Sammlung, die bereits ausgestorben sind. Der grüne Karolinasittich in einer Vitrine beim Eingang gelte seit über 100 Jahren als ausgerottet. Gleich darunter räkelt sich ein Schnabeltier auf einem Stein.
Die Natur soll bewahrt und vermittelt werden
Dies zeigt die Motivation, die Benz mit seiner Sammlung verfolgt. Er möchte die Tiere bewahren sowie den nachkommenden Menschen die Natur näherbringen und vermitteln. Seine Tiere erhalten als Exponat quasi ein zweites Leben. So würden beispielsweise Jungjägerinnen und Jungjäger, die kurz vor der Prüfung stehen, vorbeikommen, um sich verschiedene Entenarten hautnah anzusehen.
An Messen und Ausstellungen können aber auch durch totpräparierte Tiere beispielsweise die Folgen eines Wildunfalls veranschaulicht werden. Auch Schulklassen können in seiner Ausstellung einiges über die heimische und ausländische Tierwelt lernen.
Zusätzlich macht er seine Sammlung auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich: Jeden ersten Sonntag im Monat ist die Ausstellung an der Grosszelgstrasse 24 in Würenlos geöffnet. Das nächste Mal am kommenden Sonntag, 6. August, von 10 bis 12 Uhr. Der Eintritt ist frei, es steht jedoch eine Kollekte bereit.
-Ursprünglich publiziert in der Aargauer Zeitung vom 4. August 2023.
















