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200’000 Franken veruntreut: Die Kirchgemeinde Aetingen-Mühledorf wurde von ihrem Treuhänder betrogen und kann keine Löhne mehr zahlen

Über vier Jahre hinweg soll der Treuhänder der reformierten Kirchgemeinde Aetingen-Mühledorf Gelder abgezweigt haben. Heute sind die Konten der Kirchgemeinde komplett leer. Der mutmassliche Täter soll sich zurzeit aufgrund suizidaler Andeutungen in einer fürsorgerischen Unterbringung befinden.

Symbolbild: Simon Schärrer

«Ich werde mich der Polizei stellen», dies soll in einer Whatsapp gestanden haben, die die Präsidentin der reformierten Kirchgemeinde Aetingen-Mühledorf am Montagabend, 22. April, von ihrem Finanzverwalter erhalten hat. Mit der Nachricht gesteht er, hohe Geldsummen veruntreut zu haben. Die Konten der Buchegger Kirchgemeinde sind heute komplett leer.

«Aktuell können wir die Gehälter der Angestellten nicht mehr zahlen», sagt die Präsidentin Sabine Anderegg. In seiner Whatsapp habe der Finanzverwalter zudem suizidale Anspielungen gemacht. Die Empfängerinnen und Empfänger der Nachricht haben deshalb die Polizei informiert – Laut Anderegg seien mehrere Organisationen, Institutionen und Privatpersonen davon betroffen.

Die Kirchgemeinde habe daraufhin versucht herauszufinden, wie viel Geld tatsächlich veruntreut wurde. Am Donnerstag hat sich dann die Kirchgemeindepräsidentin erneut beim Absender per Whatsapp gemeldet und angefragt, wie hoch die Summe sei. Dabei kam heraus: Alleine von der Kirchgemeinde Aetingen-Mühledorf habe er rund 200’000 Franken abgezweigt.

Der ehemalige Treuhänder befinde sich zurzeit aufgrund der suizidalen Andeutungen in einer fürsorgerischen Unterbringung. Er wird also in einer Institution zu seinem Schutz verwahrt. Bei der Kantonspolizei Bern habe er bereits ein schriftliches Geständnis hinterlegt.

Über vier Jahre hinweg Gelder veruntreut

«Als Non-Profit-Organisation haben wir keine Vermögensrücklagen. Alle flüssigen Mittel der Kirchgemeinde sind weg», so die Kirchgemeindepräsidentin. Die Gelder soll der Treuhänder innerhalb von vier Jahren abgezweigt haben. Aber erst vor zwei Jahren habe sich abgezeichnet, dass die Liquidität immer weiter sank. Besonders wenn die Löhne bezahlt werden mussten, wurde es immer enger.

Bild: zvg

Anderegg habe ihren Finanzverwalter auch mehrmals darauf angesprochen. Doch dieser hatte immer schlüssige Antworten parat, warum das Geld schwinde. Vor einer Woche kam dann schliesslich das Geständnis. Die Schuld wurde wohl zu gross. «Er hat sich im eigenen Lügennetzwerk verfangen», so Anderegg.

Die vergangene Woche sei für die Kirchgemeinde eine grosse Herausforderung gewesen. Man habe die Konten genau angeschaut und nach allfälligen Daueraufträgen gesucht. Zudem wurden dem Treuhänder sämtliche Zugangsberechtigungen entzogen. Passwörter wurden gesperrt und sogar die Schlösser im Kirchgemeindehaus ausgetauscht.

Kirchgemeinde muss über Überbrückungskredit abstimmen

Eine Versicherung für die Veruntreuung habe die Kirchgemeinde nicht. «Stand heute ist das Geld verloren», sagt Anderegg. Ob die Kirchgemeinde etwas davon zurückbekommt, müsse dann vor Gericht geklärt werden. Anderegg werde auf jeden Fall eine Anzeige erstatten.

Zur Überbrückung hat die Bezirkssynode Solothurn bereits ein zinsloses Darlehen in der Höhe von 80’000 Franken angeboten. Darüber werde aber die Kirchgemeinde an einer ausserordentlichen Versammlung am 14. Mai befinden müssen.

Anderegg ist zuversichtlich, dass die Kirchgemeinde dem Kredit zustimme. Die Gemeinde sowie die Angestellten würden viel Verständnis zeigen, so die Präsidentin. Auch die Kirchgemeinden aus den Nachbarorten haben ihren guten Willen bekundet.


-Ursprünglich erschienen in der Solothurner Zeitung vom 30. April 2024.

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