«Ich habe Freunde hier»: Warum US-Sängerin Anastacia immer wieder in der Region Solothurn anzutreffen ist
Seit Jahren verweilt die US-Sängerin Anastacia immer wieder in der Region Solothurn. Im Gespräch verrät sie, was sie in die Region zieht und was sie über Schweizerdeutsch denkt.
Künftig sollten Sie am Solothurner Märet die Augen offen halten. Es könnte sein, dass am Gemüsestand ein Weltstar vor Ihnen in der Schlange steht. Die US-Sängerin Anastacia kauft gerne mal dort ein.

«Ich bin oft hier, ich habe Freunde in der Region», sagt Anastacia. Wenn sie in Europa auf Tournee sei, bleibe sie bei Pausen lieber in der Region Solothurn, als zurück in die USA zu reisen. Eine ihrer Freundinnen aus der Region ist Nora Jeker aus Riedholz: Die 33-Jährige war ursprünglich ein normaler Fan der Sängerin. Bei einem Konzert kamen die beiden ins Gespräch. Sie seien sich schnell sympathisch gewesen, sagt Jeker. Anschliessend kontaktierte Anastacia Jeker immer wieder, fragte bei Aufenthalten in der Schweiz nach Tipps und Empfehlungen. Es entwickelte sich eine Freundschaft.
Eines Tages gestand Jeker im Gespräch, dass sie die damalige Website von Anastacia schrecklich fand. «Mach es doch besser», erwiderte Anastacia. Daraufhin erhielt Jeker kurzerhand den Auftrag, die Website neu zu gestalten. Seit etwa neun Jahren übernimmt Jeker nun den gesamten Onlineauftritt des Weltstars. Die Freundschaft wurde um ein Arbeitsverhältnis erweitert. Seit zwei Jahren ist Jeker Anastacias persönliche Assistentin.
Musikvideos wurden in Langendorf gedreht
Ein Grossteil von Jekers Alltag wird deshalb durch Anastacias Terminkalender bestimmt. Sie begleitet die Sängerin auf Tourneen, organisiert Interviews, Fernsehauftritte und ihre persönlichen Termine. Gleichzeitig arbeitet sie seit Anfang Jahr im Foto- und Filmstudio ihres Vaters in Langendorf. Geplant ist, dass sie das Studio Jeker Ende nächstes Jahr übernimmt. Dadurch könne das Studio die Kompetenzen im Bereich Digital Marketing, Film und Fotografie inhouse anbieten, was gerade für Kunden wie Anastasia von Vorteil sei, sagt Jeker.

Erst kürzlich hat Nora Jeker mit Anastacia in Langendorf Videos für drei neue Singles produziert. Mit dem Studioalbum «Our Songs» hat Anastacia ein herausforderndes Projekt gestartet. Sie covert deutsche Hits in ihrem eigenen Stil. Darunter sind «Tage wie diese» von den Toten Hosen, «Still Loving You» von den Scorpions oder Udo Lindenbergs «Cello».
Das Album ist nun in einer Deluxe-Version um drei Songs von jüngeren deutschen Künstlerinnen und Künstlern gewachsen: «Rooftop» von Nico Santos, «Lows & Highs» von Michael Schulte und «Control» von Zoe Wees.
Schweizerdeutsch ist melodischer als Hochdeutsch
Die Liedtexte übersetzt sie gemeinsam mit einem Team ins Englische. Die grosse Herausforderung dabei: Die beiden Sprachen hätten einen komplett anderen Duktus, so Anastacia. Sie musste einen Weg finden, damit die Silben auf die Melodie passen. Die Lösung dafür sind Metaphern, welche die Emotionen des Liedes in einer anderen Sprache wiedergeben, auch ohne eine wortwörtliche Übersetzung zu sein.
Ob Anastacia künftig auch Patent Ochsner, Baschi oder Nemo singt, lässt sie offen. «Schweizerdeutsch ist viel melodischer als Hochdeutsch, doch ich kenne die Schweizer Musik nicht», sagt sie. Zudem ist die Sängerin derzeit so überwältigt vom Erfolg des Albums, dass sie aktuell kein weiteres Projekt in Angriff nehme.
Region Solothurn als sicherer Hafen
Doch nicht nur diese Freundschaft bringt die US-Sängerin immer wieder in die Region. Für Anastacia ist die Schweiz ein sicherer Hafen. Auch wenn sie eigentlich in Denver wohnt, habe sie hier eine Art Heimat gefunden. «Besonders nach dem ersten Pandemiejahr 2020 habe ich viel Zeit hier verbracht. Hier scheint alles sehr sicher», sagt Anastacia.

Die Region gefalle ihr sehr, besonders die kleinen Gassen in der Solothurner Altstadt. «Hier werde ich wie ein Familienmitglied empfangen, egal ob bei Freunden, im Hotel oder beim Einkaufen», sagt die Sängerin. Wenn sie durch die Stadt läuft, würden sie nur wenige Fans erkennen. Besonders, wenn sie auf auffällige Mode und ihr früheres Markenzeichen, die farbig getönte Brille, verzichte.
Zudem seien die Leute in der Schweiz schüchterner als die Bevölkerung in anderen Ländern. «Das ist eine charmante Eigenschaft der Schweizerinnen und Schweizer», sagt Anastacia. Wenn sie erkannt werde, höre sie erst beim Weggehen: «War das gerade Anastacia?»
Die Sängerin hat keine Starallüren
Diese Bodenständigkeit und Nähe zu den Menschen fasziniert auch Nora Jeker. «Anastacia hat gar keine Starallüren», sagt Jeker. «Das Überraschendste an unserer Zusammenarbeit ist wohl, dass wir als Team ziemlich langweilig sind.» Auf Tourneen werde ihr Bus, in dem sie reisen und wohnen, augenzwinkernd als «Zen-Bus» bezeichnet. Darin wird Entspannung grossgeschrieben. Während andere Stars ausgelassene Partys feiern, wird im «Zen-Bus» beispielsweise ein Film auf Netflix geschaut.

Während der Tourneen sind die beiden stets nahe beisammen. Als persönliche Assistentin gebe es keine Möglichkeit, Distanz zu gewinnen, sagt Jeker. Dadurch vermische sich Arbeit und Privates. Doch für beide stehe die Freundschaft stets an erster Stelle. Die Tourneen sind sehr ereignisreich: Gecancelte Flüge, Covid-Ausfälle und Unwetter erschweren die Planung. Man müsse alles und gleichzeitig gar nichts erwarten, sagt Jeker. Organisation funktioniere nur, wenn man gelassen bleibe.
Für Jeker ist klar: Sie möchte weiterhin mit Anastacia herumreisen. Auch wenn sie künftig wohl aufgrund der Studioübernahme mehr in der Schweiz sein werde. Und auch für Anastacia steht fest: Sie werde ihre Solothurner Beziehung nicht kappen. Sie komme sicherlich wieder in die Region. Sie sagt: «Ich bin hier in guter Gesellschaft.»
-Ursprünglich erschienen in der Solothurner Zeitung vom 12. Juli 2024.


