«Don’t call it a comeback»: Der Solothurner Rapper Sorgäching ist zurück und veröffentlicht sein Debütalbum
Mit «Teil vo mir» veröffentlich der Solothurner Musiker Sorgäching sein erstes Album. Doch in der Region ist der Mundart-Rapper bereits bekannt. Die Plattentaufe findet am Freitag, 8. November, im Kofmehl statt.
Musik ist für Dominic Tschanz mehr als nur ein Hobby. In gefühlvollen Raptexten verarbeitet der Künstler, als Sorgäching bekannt, sein Leben, seine Wünsche und Rückschläge. Seit zwanzig Jahren macht Tschanz nun Hip-Hop, teils intensiver, teils weniger. Zweieinhalb Jahre hat er nun daran gearbeitet, seine Songs in seinem Debütalbum «Teil vo mir» zu verpacken.

Die letzten Wochen seien stressig gewesen, sagt Tschanz bei einem Treffen im Café Landhaus. «Ich freue mich auf die Zeit, wenn es wieder ruhiger wird.» Zum Landhaus hat der Mundart-Rapper eine besondere Beziehung: Als er nach Solothurn zog, sei die «Rue de Blamage» quasi sein soziales Eintrittstor in die Stadt gewesen. Geboren ist Tschanz im Kanton Bern und wuchs später in Schnottwil auf. Am Aaremürli in Solothurn habe er schnell neue Freunde und Anschluss gefunden, erzählt der heute 37-Jährige.

Auch während den Umzügen war die Musik sein stetiger Begleiter. Ab der dritten Klasse – sobald er durfte – nahm er Schlagzeugunterricht, spielte anschliessend in verschiedenen Blues- und Schülerbands und entdeckte schliesslich in seiner Jugend den Hip-Hop. Im Laufe seiner Karriere eröffnete er 2017 das Openair Etziken und trat rund zehnmal im Kofmehl auf. Und dies, obwohl er eigentlich an Lampenfieber leide, wie er sagt. Seit nun ungefähr sechs Jahren stand Tschanz nicht mehr auf der Bühne.
Zwei Jahre Pause gemacht
Die grosse Karriere strebte Tschanz ohnehin nie an. Die Musik mache ihn glücklich, und es freue ihn, wenn auch andere dadurch glücklicher werden. «Wenn ich gerade keine Lust darauf habe, forciere ich es nicht.» So kam es, dass er sich zwischenzeitlich komplett vom Hip-Hop entfernte. Zwei Jahre habe er nicht mehr gerappt und auch kaum mehr Hip-Hop gehört – er konzentrierte sich auf Soul und Blues.
Nun habe ihn wieder die Lust gepackt, und er ist zurück getreu dem Motto von LL Cool J: «Don’t call it a comeback, I been here for years.» Zu Deutsch: Nenne es kein Comeback, ich bin seit Jahren hier. Entgegen der Vorstellung vom düsteren und vulgären Rap sind Tschanz‘ Texte positiv, selbstermutigend und hoffnungsvoll.
Er bildet nicht das Stereotyp vom Möchtegerngangster ab, sondern gibt sich authentisch, entspannt und behandelt durch die Musik Themen, die ihn beschäftigen. So beschreibt Tschanz im Song «Aues Okay» wie er sich aus der Rehaklinik und der Psychiatrie hinausgekämpft hat und heute zufrieden mit seinem Leben ist.
Das Album als Teil seiner selbst
Das Album «Teil vo mir» ist autobiografisch angehaucht. «Es handelt von Erlebnissen, die direkt mit meinem Leben verknüpft sind: Verarbeitung, Selbstfindung, einmal mit dem Finger in meinen eigenen Wunden, dann als Ellbogen im Gesicht der Gesellschaft oder unserer Politiker», sagt Tschanz.
Das Albumcover wurde aus verschiedenen Bildern von einer jungen Frau aus seinem Freundeskreis erstellt, die ihm sehr nahe stand, jedoch vor drei Jahren verstorben ist.

Und dabei bleibt er sich treu. Der Stil seiner Musik erinnert an vergangene Zeiten Anfang der 2000er-Jahre, als die Schweizer Hip-Hop-Szene noch durch Berner und Zürcher dominiert war. Ob der Solothurner einer Band wie Chlyklass Konkurrenz machen möchte, verneint er. «Das könnte ich gar nicht. Dafür bin ich ein viel zu grosser Fan», sagt Tschanz.
Vinyl ist heute wichtiger als CD
Nostalgie ist ein Thema, das ihn begleitet. Deshalb erscheint sein Debütalbum auf einer Schallplatte – und natürlich auf den gängigen Streaming-Plattformen. «Vinyl hat ein Revival und es wird auch überleben», sagt Tschanz und fügt an: «Ich kenne mehr Leute, die einen Plattenspieler besitzen, als solche mit einem CD-Player.»
Beim Produzieren lernte er, dass eine Schallplatte komplett anders abgemischt werden muss als eine digitale Aufnahme. Doch dabei wurde er tatkräftig unterstützt vom international bekannten Produzenten Sergio Fertitta. Er hat sich einen Namen durch die Produktion mehrerer Castingshows wie Musicstar gemacht, war als Produzent für Bligg tätig, aber auch für US-amerikanische Rapper wie Coolio oder Snoop Dogg. Entstanden ist das Album «Teil vo mir» von Sorgäching im berühmten Powerplaystudio im zürcherischen Maur.
Doch auch mit weiteren prominenten Namen ist Tschanz vertraut. So spielte beispielsweise Chris von Rohr in seinem Musikvideo zu «Schön das ig da bi» mit. Es ist ein Song, in dem Sorgäching seine Vergangenheit akzeptiert und sich an seiner Persönlichkeit erfreut. Ein Antidepressiva-Ersatz mit Guter-Laune-Flow, wie Tschanz in einer Textzeile schreibt.
Die Musik als Ventil
Hauptberuflich arbeitet Dominic Tschanz als Betreuer für psychisch Erkrankte bei der Stiftung Solidaris. Während der Covid-Pandemie war er am Inselspital tätig. Die Musik sei in gewisser Weise ein Ventil für den belastenden Job. Auch wenn er, wie er selbst sagt, von der Arbeit nichts mit Nachhause nehme.
Generell wirkt Tschanz sehr ausgeglichen und entspannt. Obwohl es scheint, dass er mit seinen Projekten sehr umtriebig ist, tut er dies ohne Hektik und ohne Zwang. Er macht einfach, worauf er gerade Lust hat. So zieht es ihn beispielsweise regelmässig in die Natur. Dort findet er mit seinem Hund einen Ruhepol – aber dann meist ohne Musik. Auch wenn der Hip-Hop aus dem urbanen Umfeld stammt, hat der Stil heute die ganze Welt erobert. «Hip-Hop passt auch auf einen Berg», sagt Tschanz.
Er ist dankbar für das Erreichte, wirkt zufrieden und entspannt. Auch wenn ihn kurz vor der Plattentaufe am 8. November noch etwas Organisatorisches beschäftigt, zum Beispiel die Auslieferung der Platten. Als Lieferdatum wurde vom Hersteller ebenfalls der 8. November angegeben. Doch Tschanz bleibt – wie immer – entspannt.
-Ursprünglich erschienen in der Solothurner Zeitung vom 8. November 2024.


